Besonderer Holzbau in Liestal

Am südlichen Ortsrand von Liestal fliesst das Flüsschen Frenke. Dort befindet sich das ehemalige Fabrikareal «Hanro», das der Pensionskasse CoOpera Sammelstifftung PUK gehört. Die Pensionskasse hat ermöglicht, dass die ehemaligen Fabrikgebäude stehen blieben und am Ende des Areals eine Wohnüberbauung entstehen konnte. Die Wohnüberbauung besteht aus zwei Untergeschossen, einem Hochhaus in Massivbau sowie einem Langhaus in Holzbauweise.  

Um die Wohnüberbauung zu realisieren, wurde das Architekturbüro oak Architekten beauftragt. Dem Büro war es ein Anliegen, das Bauprojekt zusammen mit schaerholzbau umzusetzen. Die Zusammenarbeit gleich von Beginn an hat mehrere spannende und intelligente Lösungen für das Gebäude ergeben – vom Brandschutz bis zum Massivholzboden aus Schweizer Holz.

Elegante Architektur
Der längliche Holzbau bildet zusammen mit dem benachbarten Massivbau eine Einheit. Der rote Turm beim Holzbau kündigt den höheren Massivbau bereits an. Die beiden Gebäude orientieren sich am Grundriss der Parzelle, und sind eine Ergänzung zum bestehenden Hanro Areal. Darum war es den Architekten wichtig, dass zwischen den neuen Wohnhäusern und dem bestehenden Areal eine Begegnungszone entsteht. Durch die zwei subtilen Knicke im Grundriss wirkt der Wohnkomplex trotz seines grossen Volumens elegant und nutzt die Parzelle ideal aus. Die vielen schrägen Linien, unterschiedlichen Ebenen und Höhen und die aussen liegenden Zugänge und Laubengänge in Beton lösen den Körper auf und ergeben eigenwillige Konturen und Proportionen. Dies trifft auch auf das Dach zu. Die Dachkanten der Längsseiten der Gebäude steigen unterschiedlich an.
Solche architektonischen Besonderheiten können auch im Holzbau umgesetzt werden, wie oak Architekten und schaerholzbau an diesem Objekt eindrücklich zeigen.

Fokus Holzbau
Für das 74 Meter lange Holzbauwerk wurden 740 Kubikmeter Holz verbaut, die Fassadenverkleidung nicht eingerechnet. Das 5- bzw. 6-geschossige Langhaus ist ein reiner Holzbau, bestehend aus vorgefertigten Holzelementen. Ein wesentlicher Vorteil der vorgefertigten Elemente ist die verringerte Bauzeit vor Ort. In Liestal stand der Rohbau bereits nach nur sechs Wochen.

Henning Schulze-Schilddorf von oak Architekten beschreibt einen Holzbau als anspruchsvoller in der Planung. Es ist aufwändiger, die Statik, die Haustechnik und den Schallschutz bereits von Anfang an minutiös einzuplanen. Dafür geht auf der Baustelle alles schneller. Die Holzelemente werden fertig geliefert und alle nötigen Installationen sind bereits integriert.

Das Volumen und die Höhe des Bauwerks waren für die Holzbauplaner besonders wegen der Statik eine Herausforderung. Die Decken in einem Holzbau haben nicht die gleiche Spannweite wie bei einem Massivbau, daher braucht es Holztragwerke – erkennbar als Stützen aus Massivholz. Weiter sind Unterzüge nötig, die man je nach Bauart als Balken in den Decken wahrnehmen kann. Beim Langhaus gelang es, für das Tragwerk praktisch nur Holz zu verwenden. Lediglich in den untersten Etagen helfen ein paar Stahlstützen, die Last zu tragen. Die Trennwände zwischen den Wohnungen bestehen aus zwei entkoppelten Elementscheiben, die sich nicht berühren und den Schall- und Brandschutzanforderungen entsprechen.

Aufgrund des Bauprojekts wurde eine neuartige Lochfassade entwickelt. Dadurch werden die Stabilisierungslasten reduziert und es konnte ein grosses, robustes Bauteil geschaffen werden. Ein laufendes Forschungsprojekt in Zusammenarbeit mit der Berner Fachhochschule in Biel bestätigt das Potenzial und den innovativen Gedanken dieses neuen Prinzips.

Kleid mit Struktur
Eine Herausforderung der ganz anderen Art war die Fassade. Zum einen war es anspruchsvoll, bei einem so hohen Gebäude die Fassade ganz in Holz zu realisieren, auch aus Gründen des Brandschutzes. Bei normalen Holzbretterfassaden entsteht durch die Lüftungsschicht zwischen Schalung und Holzelementen ein Kamineffekt, der Brände begünstigen könnte. Hierfür fanden oak Architekten und schaerholzbau eine geeignete Lösung. Die strukturierte Aussenhaut des Wohnkomplexes wurde mit 33'000 kleinen Brettern, Stück für Stück angebracht. Drei Handwerker waren mehrere Wochen damit beschäftigt, die etwa 50 cm langen Holzteile aus Fichte/Tanne akkurat zu montieren. Entstanden ist ein modernes, strukturiertes Kleid, das die Erscheinung des Langhauses prägt und an traditionelle Schindelfassaden erinnert. Die schindelähnlichen Bretter sind Alleskönner. Dank ihnen können die Anforderungen an den Brandschutz problemlos eingehalten werden. Zudem verleihen die vorvergrauten Schindeln dem Holzbau eine gleichmässige und optisch stimmige Fassade, die nicht unregelmässig verwittert. Durch die Vorvergrauung verlängert sich zudem die Lebensdauer der Aussenwand.

Harmonisches Inneres
Bei der Wohnüberbauung wurden alle Oberflächen mit ökologischen Farben behandelt, sowohl Innen wie Aussen. Zudem wurde auch beim Innenausbau auf Qualität aus Schweizer Holz geachtet. Auch hier hat sich die Zusammenarbeit mit dem innovativen Holzbauer gelohnt, der vorgeschlagen hat, Massivholzböden aus Schweizer Holz zu verlegen, anstatt Holzparkett aus unbestimmter Herkunft. In allen Wohnungen sind nun massive Eschenböden sowie Anhydritböden in Kombination verlegt. Das reizvolle Zusammenspiel des dunklen, unifarbigen Estrich mit den lebendig gemaserten Riemen des Massivholzbodens schafft eine behagliche Wohnatmosphäre. Besonderer Blickfang sind die Treppen aus massivem Eschenholz, die in den Maisonette-Wohnungen in die obere Etage führen. Dort geht die Treppe in einen Massivholzparkett – ebenfalls aus Esche – über. Die Küchen sind ebenfalls aus Massivholz gebaut und die Türen wurden speziell für diesen Bau von oak Architekten und einem lokalen Schreiner entwickelt – wiederum aus Schweizer Massivholz. Im Gespräch mit Henning Schulze-Schilddorf zeigt sich, dass es dem Architekturbüro wichtig ist, hohe Qualität zu zahlbaren Preisen zu verbauen. Oak Architekten setzen dafür auf langjährige Partnerschaften mit einheimischen Handwerkern. Das Resultat kann sich sehen lassen.

Bauen mit Holz hat Zukunft
Die Wohnüberbauung beim Hanro Areal zeigt eindrücklich, wie gut Holz und moderne Architektur zusammenpasst. Aus Sicht von Henning Schulze-Schilddorf hat Bauen mit Holz – obwohl ein Holzbau teurer ist als ein Massivbau – denn auch aus verschiedenen Gründen Zukunft.

Das beschriebene Projekt zeigt, dass mit einem Holzbau die gängigen Regeln und Anforderungen eingehalten werden können. Wo bei der Planung mehr Aufwand entsteht, fällt Arbeit auf der Baustelle weg. Bauen mit Holz ist der Massivbauweise aus ökologischer Sicht klar überlegen. Holz wächst nach, während der Sand für den Zement rar wird. Die Zementproduktion ist für 1% der globalen CO2-Ausstosses verantwortlich. Holzbauten dagegen speichern das CO2, das vom Baum während seines Wachstums aus der Atmosphäre aufgenommen wurde für viele Jahrzehnte und können somit als CO2 Senke betrachtet werden.

Das Wohnklima in einem Holzbau ist zudem unschlagbar. In einem 100-jährigen Haus fühlt man sich wohl, da es ein gewisses Ambiente verströmt. Ein Neubau kann dieses Gefühl nicht vermitteln. Ganz anders fühlt man sich in einem neuen Holzbau. Die Bewohner erleben ihn bereits von Beginn an als behaglich und fühlen sich sehr schnell wohl darin.

Hanro

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